Junges Theater Eschwege sorgt mit „Tratsch im Treppenhaus“ für beste Laune
Von: Eden Sophie Rimbach


Die bunten Charaktere aus Jens Exlers Kult-Stück „Tratsch im Treppenhaus“ erweckt das Junge Theater Eschwege mit perfektem Timing zum Leben.

Eschwege – Kaum hat Meta Boldt (Rosie Schmerbach) ihre Meinung über den „Herrn Steuerinspektor a. D.“ scheinbar binnen Sekunden vollständig geändert, schwirrt sie mit dem Staubwedel in der Hand in bunt-gemusterter Kittelschürze und roten Pantoffeln um Nachbarin Hanne Knoop (Annette Lieberknecht-Wolf) herum. Die soll ihre Kammer untervermietet haben. Nur, für wie viel Mark? „Können Sie schweigen?“, fragt Hanne Knoop ihre neugierige Nachbarin in ernstem Ton und gibt auf deren geträllerte Zustimmung mit stiller Genugtuung zurück: „Ich auch.“

Für gute Laune im und zahlreiche Lacher aus dem Publikum bei der Premiere von Jens Exlers „Tratsch im Treppenhaus“ im E-Werk sorgte nicht nur die herrliche Dynamik zwischen diesen beiden ungleichen Nachbarinnen. Mit spürbarer Begeisterung für die Figuren und perfektem Timing erweckt das Junge Theater Eschwege die bunten Bewohner des Mehrfamilienhauses zum Leben, die durchs Hamburger Ohnsorg-Theater berühmt geworden sind. Das Publikum erwartet ein mitreißender Abend voller Wortwitz, Situationskomik und dem Humor, der sich aus dem Zusammenleben ganz unterschiedlicher Charakter ergibt, garniert mit der ein oder anderen lokalen Anspielung.

Dazu gehört auch, dass Bernhard Tramsen (Heiko Alsleben), Schlachtermeister und Vermieter, mit einer Stracke vor der Tür steht, hinter der er Hanne Knoops junge Untermieterin Silke Seefeldt (Marie Dedio) vermutet, die allerdings mit etwas untypischer Stimme antwortet und nur ihren Arm zeigen will, der gierig nach dem Geschenk greift. Denn der echten Silke Seefeldt gelingt es im Handumdrehen nicht nur Ewald Brummers (Sebastian Perels) Neffen Markus (Jörg Frenzel), sondern auch noch den Onkel selbst und den Vermieter um den Finger zu wickeln. Während der Vermieter wundervoll geschmeichelt und mit verlegenem Lächeln den Brief mit der eigentlichen Kündigung an Hanne Knoop zurücknimmt, wandelt Ewald Brummer von der jungen Untermieterin eingenommen und mit Teekanne inklusive Tropfschutz wie hypnotisiert aus der Wohnungstür und nimmt sich wenig später ihre Modetipps zu Herzen. Schon der erste Auftritt in gemustertem Hemd, weißen Schuhen und auffälliger Krawatte sorgte bei der Premiere für lautes Lachen.

Ebenso die Verwirrungen darüber, wer denn nun nach dem Stiftungsfest des Kaninchenzuchtvereins „Weiße Pfote“ wo übernachtet hat. „Das reinste Sodom und Gomera!“, prophezeit Meta Boldt. Nicht fehlen darf dafür das stark am Original orientierte Treppenhaus inklusive Treppen nach unten und zum Trockenboden, verglaster Türen mit weißen Gardinchen dahinter, alten Klingeln und Lichtschaltern sowie der ein oder anderen Schramme an der Wand. Für das Bühnenbild gesorgt hatte Heiko Alsleben, der gemeinsam mit Regisseurin Barbara Hoefel die Gesamtleitung der Produktion übernommen hat.

Für Meta Boldt gibt es bei den nicht zuletzt auch durch ihr Zutun verzwickten Entwicklungen im Mietshaus allerlei, das sie mit funkelnden Augen und grandios gespielter Neugier auf die nächste Geschichte weitertragen kann. Nur als aus Silke Seefeldts Vater (Holger Hämmerling) binnen weniger Verhörer zuerst ein Mitglied der Heilsarmee, dann der Vater eines angeblichen Kindes der Untermieterin und schließlich ein Beamter der Kriminalpolizei wird, der angeblich wegen schwer strafbarer „übler Nachrede“ ermittelt, gerät der Tratsch ins Stocken – jedenfalls bis zum nächsten geschickt mitgehörten Gespräch. (Eden Sophie Rimbach, Werra Rundschau vom 25.3.2025, Eschwege)

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Beste Laune im Treppenhaus

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