Premiere: Junges Theater verzaubert mit Hexenstück
[Hexenchaos voller Wärme, Werra Rundschau vom 3.12.2024, Eschwege]
Eschwege – Verzauberte Musik mit einer jungen Stimme darin ertönt und das Publikum findet sich im Wohnzimmer der kleinen Hexe (Julie Marie Martin) wieder. Mit wallendem Hexenrock und grünem Haar springt sie unter den wachsamen Augen des Raben Abraxas (Barbara Hoefel) durchs Zimmer, nimmt konzentriert eine Pose zum Zaubern nach der anderen ein. Kaum regnet es aus der Gießkanne Buttermilch auf den wütend krächzenden und flatternden Gefährten, erfüllt schon das Lachen von Kindern und Erwachsenen das E-Werk in Eschwege.
„Die kleine Hexe“ nach Otfried Preußler hat am Sonntag Premiere beim Jungen Theater Eschwege gefeiert. Ausverkauft war der Nachmittag ebenso wie die beiden weiteren an diesem Wochenende. Unter der Regie von Anne-Rike Preiß und Marie Dedio spielt das Ensemble mit mehreren neuen Gesichtern zudem viermal vor Schulklassen. Früh im Stück erwartet die Zuschauer ein schön-schriller Hexentanz zur Walpurgisnacht, der jäh unterbrochen wird. Hexe Rumpumpel mit den zu Berge stehenden roten Haaren (Nicole Wolf) entdeckt ihre Nichte, die kleine Hexe, die mit 127 Jahren viel zu jung zum Mittanzen ist. Wütend fordert sie die Oberhexe (Karin Perels) auf, sie zu bestrafen. Die fordert sie schließlich in grandiosem Norddeutsch dazu auf, das schwere Hexenbuch bis zum nächsten Jahr auswendig zu lernen und zu beweisen, dass sie eine gute Hexe ist.
Und das will die kleine Hexe mit einer Begeisterung und jungen Energie, die im Publikum spürbar ist. Papierblumen verleiht sie einen bezaubernden Duft, um dem Papierblumenmädchen (Eva Weck) zu helfen. Der von ihren Zauberkräften (Catharina Breuer und Josefine Sonntag) geweckte Wind hilft den Holzsammlerinnen (Joni Bauer, Luzi Müller und Antonia Fetzer). Der schniefende Maroni-Mann (Karina Preiß), der mit glühendem Ofen durch den Schnee zieht, wird gewärmt, während ein besonderer Schneemann (Manfred Rehbaum) unter den Händen von Lukas (Johanna Breuer) und Johanna (Sara Hoefel) wächst. Für die beiden Kinder hext sie auch entgegen Abraxas‘ krächzender Warnungen auch mal am Freitag, was streng verboten ist. „Siehst du die Wolke da oben?“, bemerkt Abraxas zwischendurch kritisch: „Da guckt ein Besenstiel raus!“ Und ab und zu zeigt sich ein roter Lockenkopf über den beiden.So auch, als die kleine Hexe dem strengen neuen Revierförster (Sebastian Perels) die Worte im Mund herumwirbelt. Schnell verwandelt sich seine Miene völlig und aus einem polternden „Ich werd‘ dir schon zeigen, was ich dir antun kann!“ wird ein „Was ich dir Gutes tun kann!“ mit lieblicher Stimme – und schon liefert er der Hexe nicht nur das Brennholz bis zur Tür. Mit viel Liebe zu jeder Figur – von der freundlichen kleinen Hexe und der erbosten Rumpumpel bis hin zu den tanzenden Hexen und den Menschen auf Markt und Fest – verleiht das Junge Theater dem Stück eine Wärme, die jede Szene im Jahreslauf umgibt. Dabei geht es auch um die Frage, was eine kleine Hexe in den Augen der älteren eigentlich zur „guten Hexe“ macht.
EDEN SOPHIE RIMBACH